Safe Haven Zinssätze für das Jahr 2023

Blogpost von

Livio Bucher

Viktor Bucher

Werden Darlehen von Schweizer Gesellschaften an ihre Aktionäre oder andere nahestehenden Personen (Aktivdarlehen) nicht hinreichend verzinst, so stellt dies im Umfang der zu tiefen Verzinsung eine der Verrechnungssteuer unterliegende geldwerte Leistung sowie eine für Gewinnsteuerzwecke aufzurechnende Gewinnvorwegnahme dar.

Werden Darlehen von Aktionären oder anderen nahestehenden Personen an Schweizer Gesellschaften (Passivdarlehen) zu hoch verzinst, so stellt dies im Umfang der zu hohen Verzinsung eine der Verrechnungssteuer unterliegende geldwerte Leistung sowie eine für Gewinnsteuerzwecke aufzurechnende verdeckte Gewinnausschüttung dar.

Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) publiziert jährlich sog. Safe Haven Zinssätze. Bei Anwendung dieser «offiziellen» Zinssätze geht die ESTV ohne weiteren Nachweis davon aus, dass die gezahlten Zinsen marktüblich sind. Die korrekte Anwendung dieser Safe Haven Zinssätze schützt mithin vor negativen Überraschungen und schafft für in der Schweiz ansässige Gesellschaften vor allem Rechts- und Planungssicherheiten hinsichtlich ihrer Finanzierungstätigkeiten.

Die für das Jahr 2023 anwendbaren Zinssätze hat die ESTV am 7. Februar 2023 bzw. am 8. Februar 2023 online in ihrem jährlich erscheinenden Rundschreiben publiziert. Die Safe Haven Zinssätze haben sich sowohl für Darlehen in Schweizer Franken von und an Schweizer Gesellschaften als auch für Darlehen in Fremdwährungen von und an Schweizer Gesellschaften teilweise erheblich erhöht.

Darlehen in Schweizer Franken von Schweizer Gesellschaften (Aktivdarlehen)

Für eigenkapitalfinanzierte Darlehen in Schweizer Franken, die eine Schweizer Gesellschaft ihren Aktionären oder anderen nahestehenden Personengewährt, verlangt die ESTV im Jahr 2023 einen Mindestzinssatz von 1.5% (bisher 0.25%).

Für fremdkapitalfinanzierte Darlehen entspricht der von der ESTV für 2023 verlangte Mindestzinssatz - wie bereits in den letzten Jahren - den Fremdfinanzierungkosten der Schweizer Gesellschaft zuzüglich eines Zuschlags von 0.5% für Darlehen bis CHF 10 Mio. (bzw. eines Zuschlags von 0.25% für den CHF 10 Mio. übersteigenden Betrag). Mit diesen Mindestverzinsungsvorschriften wird ein minimales Nettoeinkommen aus der Darlehensvergabe auf Stufe der Schweizer Gesellschaft gesichert.

Darlehen in Schweizer Franken an Schweizer Gesellschaften (Passivdarlehen)

Ab 1. Januar 2023 müssen Darlehen an nahestehende Personen in Schweizer Franken zu mindestens 1.5% verzinst werden, soweit das Darlehen aus Eigenkapital finanziert wird (bisher 0.25 %).

Für Darlehen, die eine Schweizer Gesellschaft von Aktionären oder anderen nahestehenden Personen erhält, ist gemäss ESTV eine maximale Verzinsung wie folgt erlaubt:

  • Betriebskredite bis CHF 1 Mio. an ein Schweizer Handels- oder Fabrikationsunternehmen in Schweizer Franken dürfen zu maximal 3.75% (bisher 3%) bzw. ab CHF 1 Mio. mit maximal 2.25%(bisher 1 %) verzinst werden.
  • Kredite an Holding- und Vermögensverwaltungsgesellschaften dürfen zu maximal zu 3.25% (bisher 2.5%) bzw. ab CHF 1 Mio. zu maximal 2% (bisher 0.75%)verzinst werden.

Darlehen in Fremdwährung von Schweizer Gesellschaften (Aktivdarlehen)

Werden Darlehen nicht in Schweizer Franken, sondern in einer Fremdwährung gewährt, sind andere Safe Haven Zinssätze anzuwenden. Die ESTV publiziert für die üblichsten Fremdwährungen die zulässigen Zinssätze in einem separaten Rundschreiben.

Bis auf Darlehen in chinesischen Renminbi und japanischen Yen hat die ESTV die zulässigen Mindestzinssätze bei Darlehen in Fremdwährungen gegenüber dem Vorjahr 2022 teilweise erheblich erhöht.

Der zulässige Mindestzinssatz für Darlehen in EUR versechsfacht sich z.B. von 0.5% im Jahre 2022 auf nunmehr 3.0% im Jahre 2023.Der zulässige Mindestzinssatz für Darlehen in USD erhöht sich von 2% im Jahre 2022 auf nunmehr 3.75% im Jahre 2023.

Darlehen in Fremdwährung an Schweizer Gesellschaften (Passivdarlehen)

Die Zinssätze gemäss Tabelle im Rundschreiben sind für Darlehen von Schweizer Gesellschaften an Aktionäre oder nahestehende Dritte anwendbar. Im Sinne einer Safe Haven-Lösung kann gemäss ESTV für Darlehen in Fremdwährung von Aktionären oder nahestehenden Personen an Schweizer Gesellschaften analog dem Rundschreiben der ESTV betreffend steuerlich anerkannten Zinssätze 2023 für Darlehen in Schweizer Franken bei sog. Betriebskrediten der gleiche Spread (bis Gegenwert CHF 1 Mio. 2.25% bzw. 1.75%; ab Gegenwert CHF 1 Mio. 0.75% bzw. 0.5%) berücksichtigt werden.

Bei der Anwendung der Rundschreiben ist zu beachten, dass sich die Safe Haven Zinssätze nach der jeweiligen Zinsperiode bemessen und nicht nach der Zinsfälligkeit. Für eine jährliche Zinsfälligkeit per 30.6.2023 gilt zum Beispiel ein Durchschnittssatz der Safe Haven Zinssätze für die Jahre 2022 und 2023.

Fallbeispiel: Passivdarlehen in EUR

Eine in Frankreich ansässige natürliche Person ist Alleinaktionär eines schweizerischen Fabrikationsunternehmens. Der Aktionär gewährt der Gesellschaft im Jahre 2022 ein unbefristetes Darlehen im Umfang von EUR 1 Mio. (Annahme: Wechselkurs CHF-EUR = 1:1) mit Zinsfälligkeit jeweils per Ende Juni (d.h. erstmals per 30. Juni 2023).

Der zulässige Zinssatz für EUR-Darlehen gemäss Rundschreiben 2022beträgt unter Berücksichtigung eines analogen Spreads wie für Darlehen in Schweizer Franken 3.25%. Für das Jahr 2023 beträgt der zulässige Zinssatz demgegenüber 5.25% (d.h. 3% zuzüglich eines Spreads von 2.25%).

Somit kann das EUR 1 Mio. Darlehen per 30. Juni 2023 in Einklang mit den Safe Haven Zinssätzen zu maximal 4.25% [3.25% plus 5.25% geteilt durch zwei] verzinst werden.

Fazit

Aufgrund der Entwicklungen am Kapitalmarkt hat die ESTV die zulässigen Safe Hafen Zinssätze für 2023 teilweise erheblich erhöht.

Wir empfehlen insb. allen schweizerischen Gesellschaften, welche grössere Darlehenspositionen (aktiv- oder passivseitig) in ihren Büchern haben, für 2023 die entsprechenden Verträge im Hinblick auf mögliche Verrechnungspreisproblematiken zu überprüfen. Die neuen, höheren zulässigen Zinssätze können überdies für einige Strukturen steuerliche Chancen bieten.