Besteuerung von US-LLCs in der Schweiz
Die steuerliche Behandlung von US-LLCs in der Schweiz ist komplex und umstritten. Zwischen SSK-Praxishinweisen, kantonaler Praxis und Bundesgerichtsurteilen bleibt die Qualifikation einzelfallabhängig. Unser Beitrag zeigt die Konsequenzen und worauf Fachpersonen achten sollten.
Sie unseren Newsletter
Die Besteuerung ausländischer Gesellschaftsformen wirft im schweizerischen Steuerrecht regelmässig komplexe Qualifikationsfragen auf – insbesondere bei hybriden Rechtsgebilden, die sich weder eindeutig dem Typus der Kapital- noch der Personengesellschaft zuordnen lassen. Ein prominentes Beispiel dafür sind US-amerikanische Limited Liability Companies (kurz: US-LLCs). Deren rechtliche und steuerliche Einordnung ist entscheidend für die Frage, wie Einkünfte aus einer solchen Beteiligung in der Schweiz steuerbar sind.
Merkmale und steuerliche Besonderheiten der US-LLC
Die US-LLC ist eine in allen US-Bundesstaaten anerkannte Gesellschaftsform, welche die Vorteile einer Kapitalgesellschaft (Corporation) – insbesondere die auf das Gesellschaftsvermögen beschränkte Haftung – mit den steuerlichen Vorteilen einer Personengesellschaft (Partnership) vereint. Standardmässig wird eine US-LLC in den USA als steuerlich transparent behandelt, vergleichbar mit einer schweizerischen Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft: Die Einkünfte werden den Gesellschaftern direkt zugerechnet und nicht auf Stufe der Gesellschaft besteuert.
Hinzu kommt eine Besonderheit des US-Steuerrechts: Nach den sog. «Check-the-Box-Regulations» können die Gesellschafter einer US-LLC wählen, ob diese steuerlich wie eine Kapitalgesellschaft (Corporation) behandelt werden soll. Wird keine solche Option ausgeübt, bleibt die Gesellschaft steuerlich transparent. Diese Wahlfreiheit, kombiniert mit der in den Bundesstaaten meist sehr flexiblen gesetzlichen Regelung für US-LLCs, führt zu einem grossen Gestaltungsspielraum bei der konkreten Ausgestaltung von US-LLCs. Damit ist die US-LLC strukturell als Mischform zu verstehen. Sie weist sowohl Elemente einer Kapitalgesellschaft (Haftungsstruktur, Rechtsfähigkeit) als auch solche einer Personengesellschaft (steuerliche Transparenz, Gewinnverteilung) auf.
Steuerrechtliche Qualifikation der US-LLC nach Schweizer Recht
Nach Art. 49 Abs. 3 DBG und Art. 20 Abs. 2 StHG sind ausländische juristische Personen den inländischen juristischen Personen gleichzustellen, denen sie rechtlich oder tatsächlich am ähnlichsten sind.
Praxis der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK)
Gemäss den Praxishinweisen der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) aus dem Jahr 2011 darf die steuerliche Behandlung einer US-LLC in der Schweiz nicht allein von deren steuerlichen Einordnung im Sitzstaat abhängen. Auch wenn eine US-LLC in den USA häufig als «pass-through entity» – also steuerlich transparent wie eine Personengesellschaft – behandelt wird, weist sie aus Sicht der SSK zahlreiche Merkmale auf, die sie mit einer schweizerischen GmbH vergleichbar machen. Dazu zählen insbesondere die Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen, das Vorliegen einer eigenen Rechtspersönlichkeit sowie die Tatsache, dass die Geschäftsführung durch die Gesellschafter selbst erfolgt. Aufgrund dieser strukturellen Übereinstimmungen gelangt die SSK zum Schluss, dass eine US-LLC aus Sicht des schweizerischen Steuerrechts grundsätzlich wie eine GmbH und damit wie eine Kapitalgesellschaft zu behandeln sei. Dies gelte selbst dann, wenn sie im Sitzstaat wie eine Personengesellschaft besteuert wird. Theoretisch sei zwar denkbar, dass eine US-LLC im Einzelfall so ausgestaltet ist, dass sie für schweizerische Steuerzwecke eher einer Personengesellschaft als einer GmbH gleichzustellen ist (das heisst transparente Besteuerung). Ein entsprechender Nachweis wäre jedoch, da zumeist steuermindernder Natur, durch den Steuerpflichtigen zu erbringen.
Rechtsprechung des Bundesgerichts zur US-LLC
Das Bundesgericht hat sich erstmals im Urteil 2C_894/2013 und 2C_895/2013 vom 18. September 2015 grundlegend zur steuerlichen Qualifikation von US-LLCs geäussert. Es stellt klar, dass die zivilrechtliche Qualifikation im ausländischen Staat nicht zwangsläufig eine analoge steuerliche Qualifikation in der Schweiz zur Folge hat. In Präzisierung seines früheren Urteils 2C_664/2013 vom 28. April 2014 hält das Bundesgericht fest, dass eine steuerliche Qualifikation als Kapitalgesellschaft in der Schweiz jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn bereits das Zivilrecht des Bundesstaates, nach dessen Recht die US-LLC gegründet wurde, eine solche ausdrücklich verneint. In allen übrigen Fällen sei nach einem pragmatischen Methodenmix vorzugehen, welcher einerseits von einem Vergleich der ausländischen Gesellschaft oder Entität mit inländischen Gebilden ausgeht, dabei andererseits aber auch die steuerliche Behandlung im Ausland als entscheidendes Element mitberücksichtigt. Diese Vorgehensweise soll eine Doppelbesteuerung oder doppelte Nichtbesteuerung zufolge Zurechnungskonflikten vermeiden.
Entscheid des Steuerrekursgerichts Zürich 2022
Mit dem Entscheid vom 29. März 2022, 2 DB.2020.14/2 ST.2020.20 setzte sich das Steuerrekursgericht des Kantons Zürich umfassend mit den oben erwähnten Argumenten der SSK und des Bundesgerichtsentscheids aus dem Jahre 2015 auseinander. Im konkreten Fall kam es zum Schluss, dass aus zivilrechtlicher Sicht eine US-LLC im Einklang mit den Feststellungen der SSK in den allermeisten Fällen einer Körperschaft und damit einer juristischen Person bzw. einer GmbH am nächsten kommt. Während das Bundesgericht die steuerliche Behandlung im Ausland als wesentliches Kriterium im Rahmen eines Methodenmixes einordnet, hat das Steuerrekursgericht Zürich dieser Komponente im konkreten Fall weniger Gewicht beigemessen und stattdessen die zivilrechtliche Ausgestaltung in den Vordergrund gestellt.
Neue Bundesgerichtsurteile zu hybriden Gesellschaften im Ausland
Jüngere Urteile des Bundesgerichts betreffend französische hybride Rechtsgebilde (konkret: Société Civile Immobilière, sog. «SCI», Urteil 9C_409/2023 vom 4. Juni 2024 und 2C_729/2019 vom 7. Juli 2020) haben die Anerkennung der ausländischen juristischen Person ausschliesslich aufgrund ihrer zivilrechtlichen Qualifikation im Gründungsstaat vorgenommen. Diese Rechtsprechung wirft die Frage auf, ob das Bundesgericht seine bisherige Rechtsprechung bei US-LLCs mit einem pragmatischen Methodenmix künftig einschränken oder gar aufgeben möchte. Eine abschliessende Klärung durch das Bundesgericht steht bislang jedoch noch aus.
Die Kantone folgen in der Praxis grundsätzlich weiterhin den Praxishinweisen der SSK aus dem Jahr 2011, beziehen dabei jedoch das Bundesgerichtsurteil aus dem Jahr 2015 mit ein. Im Einzelfall kann daher sowohl eine Qualifikation als Kapitalgesellschaft als auch als Personengesellschaft in Betracht gezogen werden.
Je nach Qualifikation der US-LLC unterscheiden sich die Steuerfolgen in der Schweiz. Im Folgenden werden die Auswirkungen der jeweiligen Qualifikation näher dargestellt.
Steuerfolgen bei Qualifikation als Kapitalgesellschaft
Vermögenssteuer
Wird die US-LLC in der Schweiz steuerlich als juristische Person qualifiziert, so unterliegen die Anteile einer in der Schweiz ansässigen natürlichen Person an einer US-LLC mit ihrem Verkehrswert der Vermögenssteuer.
Einkommenssteuer
Ausschüttungen der US-LLC stellen bei einer natürlichen Person mit Wohnsitz in der Schweiz Ertrag aus beweglichem Kapitalvermögen dar. Sofern die Beteiligungsquote an der US-LLC mindestens 10 Prozent beträgt, kommt das Teilbesteuerungsverfahren zur Anwendung und die Ausschüttungen sind nur im Umfang von 50 bis 70 Prozent steuerbar.
Die Verluste der US-LLC können nicht geltend gemacht werden, da sie nach internem Recht als nicht abzugsfähige Kapitalverluste auf einer privaten Beteiligung gelten. Veräusserungsgewinne aus dem Verkauf von Anteilen an einer US-LLC an einen Dritten sind hingegen grundsätzlich steuerfrei, wobei auch hier die Rechtsfigur der indirekten Teilliquidation beachtet werden muss.
Gewinnsteuer
Hält eine in der Schweiz ansässige Kapitalgesellschaft Anteile an einer US-LLC, sind Ausschüttungen als Beteiligungsertrag grundsätzlich gewinnsteuerpflichtig. Sofern die Beteiligungsquote an der US-LLC mindestens 10 Prozent beträgt oder mindestens CHF 1 Mio. Verkehrswert hat, profitieren Ausschüttungen vom Beteiligungsabzug, womit die Erträge faktisch steuerbefreit sind.
Die US-LLC selbst wird in der Schweiz wie eine GmbH besteuert, wenn sie ihre tatsächliche Verwaltung, eine Betriebsstätte oder eine Liegenschaft in der Schweiz hat.
Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz–USA: Auswirkungen auf US-LLCs
Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und den USA (DBA-USA) enthält keine Regelungen zur Vermögensbesteuerung, weshalb insoweit keine Einschränkung erfolgt (vgl. Art. 2 DBA-USA).
In Bezug auf die Besteuerung der Ausschüttungen (Einkommens- und Gewinnsteuer) ist entscheidend, ob die US-LLC in den USA als eigenständiges Steuersubjekt besteuert wird. In diesem Fall ist Art. 10 DBA-USA anwendbar und die Ausschüttungen können in der Schweiz besteuert werden (mit Anrechnung der in den USA erhobenen Quellensteuer auf den Ausschüttungen).
Wird die US-LLC hingegen in den USA steuerlich transparent behandelt – was in der Praxis häufig zutrifft – liegt aus Sicht des DBA-USA keine Dividendeneinkunft vor und Art. 10 DBA-USA ist nicht anwendbar. Gemäss den Praxishinweisen der SSK sind in solchen Fällen die Gewinne der US-LLC anteilig den Gesellschaftern zuzurechnen. Dies hat zur Konsequenz, dass der Gewinn der US-LLC grundsätzlich in der Schweiz steuerbar ist (aufgrund der innerstaatlichen Qualifikation allerdings nicht als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit, sondern – soweit und sobald der Gewinn überhaupt an die Gesellschafter ausgeschüttet wird – als Vermögensertrag).
Soweit als die Ausschüttung der US-LLC jedoch aus einem Gewinn der US-LLC herrührt, welcher einer Betriebsstätte in den USA zuzurechnen ist, ist diese Ausschüttung in die USA auszuscheiden. In der Schweiz werden die Gewinnanteile nur satzbestimmend berücksichtigt. Inwieweit der Gewinn der US-LLC einer Betriebsstätte in den USA zuzurechnen ist, ist als steuermindernde Tatsache durch den Anteilsinhaber nachzuweisen.
Betreibt die US-LLC gar kein Unternehmen, sondern ist beispielsweise rein vermögensverwaltend tätig, kommt man gestützt auf Art. 21 Abs. 1 DBA-USA auf dasselbe Resultat. Stellen die Einkünfte jedoch Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen dar (insbes. bei Immobiliengesellschaften), unterliegen diese gemäss Art. 6 DBA-USA ausnahmsweise der Besteuerung am Belegenheitsort USA. In der Schweiz würden die Gewinnanteile wiederum nur satzbestimmend berücksichtigt werden.
Steuerfolgen bei Qualifikation als Personengesellschaft
Wird die US-LLC aufgrund der Umstände des Einzelfalls in der Schweiz steuerlich als Personengesellschaft qualifiziert, führt dies dazu, dass die Einkünfte aus der US-LLC keinen Beteiligungsertrag, sondern Ertrag aus selbständiger Erwerbstätigkeit darstellen. Verluste können mit dem übrigen Vermögen verrechnet werden (eingeschränkt durch Art. 6 Abs. 3 DBG).
Sofern die steuerpflichtige Person seine Tätigkeit in der Schweiz und nicht in den USA durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt, wird das Besteuerungsrecht der Schweiz durch das DBA-USA nicht eingeschränkt.
Fazit und steuerliche Würdigung
Die steuerliche Behandlung einer US-LLC in der Schweiz bleibt komplex und einzelfallabhängig. Aufgrund ihres hybriden Charakters ist eine standardisierte Einordnung nicht möglich – vielmehr erfolgt die Qualifikation auf Basis einer Gesamtbetrachtung. Während die SSK und das Steuerrekursgericht des Kantons Zürich in der Regel eine Gleichstellung mit einer GmbH befürworten, verlangt das Bundesgericht eine Einzelfallprüfung unter Einbezug der steuerlichen Behandlung im Ausland.
Auch auf kantonaler Ebene zeigt sich dieses Spannungsfeld: Zwar orientieren sich die Kantone weiterhin an den Praxishinweisen der SSK, doch wird das Bundesgerichtsurteil von 2015 bei der steuerlichen Einordnung zusätzlich berücksichtigt. Dies führt im Ergebnis zu einer offeneren, aber auch weniger vorhersehbaren Handhabung.
Vor diesem Hintergrund ist eine sorgfältige Analyse der konkreten Struktur der US-LLC, ihrer rechtlichen Ausgestaltung sowie ihrer steuerlichen Behandlung in den USA und gegebenenfalls die Einholung einer verbindlichen Auskunft von den Steuerbehörden in der Schweiz empfohlen, um steuerliche Risiken zu vermeiden.