23.10.2018

OECD Tax Talk #10 – 16. Oktober 2018

Am 16. Oktober 2018 hat sich Pascal Saint-Amans, Director des Centre for Tax Policy and Administration, zusammen mit Achim Pross, Head of International Co-operation and Tax Administration, Jeffrey van Hove, Senior Tax Advisor, Tax Treaty, Transfer Pricing and Financial Transaction Division, Melissa Dejong, Head of Harmful Tax Practices & Tax and Crime Units, und Félicie Bonnet, Advisor Mutual Agreement Procedures Unit, nach sechs Monaten Funkstille wieder in einem Webinar zurückgemeldet.

Pascal Saint-Amans fasste zuerst kurz die wichtigsten Ereignisse der letzten sechs Monate zusammen. Ein wichtiger Meilenstein war für ihn vor allem der Start des Automatischen Informationsaustausches (AIA) am 30. September 2018 bei dem über 100 Länder teilnahmen. Einige Länder seien zwar etwas langsamer, aber der Prozess funktioniere. Er erwähnte besonders auch Singapur und die Schweiz, welche pünktlich bereit waren für den AIA. Nun werde das Global Forum, welche den AIA überwacht, am nächsten Treffen in Uruguay Ende November 2018 Rahmenbedingungen und Methoden ausarbeiten, wie der Review-Prozess des AIA ab 2019 vonstattengehen soll.

Letzte Woche in Bali unterbreitete das Team um Pascal Saint-Amans den G20-Finanzministern einen neuen Arbeitsplan für eine Plattform (Platform for Collaboration on Tax), welche die Zusammenarbeit im Steuerbereich weiter fördern soll. Dies sei u.a. wichtig, so Pascal, um Doppelspurigkeiten von Organisationen wie der OECD, der UNO oder der Weltbank zu vermeiden.

Die steuerlichen Herausforderungen einer digitalen Wirtschaft (Aktionspunkt 1)

Am letzten Tax Talk #9 im März 2018 wurde der Zwischenbericht zum Thema «Digitalisierung der Wirtschaft» vorgestellt. Daraufhin hatte die «Task Force on the Digital Economy» (TFDE) im Juli 2018 ein weiteres Treffen, an dem die Länder der TFDE neue Vorschläge unterbreitet haben:

Bucher Tax AG, Switzerland, international taxes, tax comparison, BEPS, OECD, EU, Lucerne, Zug, tax advisory, corporate taxes, companies, federal court decisions, tax rules, tax law, tax declaration, tax return, establishments, location consultancy

Das nächste Treffen wird Anfangs Dezember 2018 stattfinden, wo man weiter über die steuerlichen Herausforderungen einer digitalen Wirtschaft diskutieren wird. Ziel sei es, dass die TFDE eine Empfehlung oder Richtlinie ausarbeiten wird und man dann vielleicht bereits im Juni 2019 am G20-Finanzminister Treffen in Japan konkrete Lösungsvorschläge oder gar eine Vereinbarung der Länder präsentieren kann.

Aktionspunkt 5 über die schädlichen Steuerpraktiken

Melissa Dejong berichtete über den Stand der Dinge betreffend Aktionspunkt 5 (Harmful Tax Practices), welcher einen Mindeststandard des BEPS-Projektes darstellt. Bezüglich den Vorzugsregimen («preferential regimes») könne man grosse Fortschritte beobachten. Fast täglich bekämen sie Updates von Ländern, welche ihre Gesetzgebungen ändern, um den sogenannten «Nexus Approach» umzusetzen. Beim spontanen Informationsaustausch über Steuervorbescheide (Rulings) habe man dieses Jahr einen Review-Prozess durchgeführt, bei dem ca. 92 Länder überprüft wurden. Dieser ergab u.a., dass über 16'000 Rulings ausgetauscht wurden. Die weiteren Ergebnisse des Review-Prozesses werden Ende Jahr veröffentlicht.

Multilateral Instrument (Aktionspunkt 15)

Jeffrey van Hove gab die neuesten Zahlen bezüglich des «Multilateral Instrument» (MLI) bekannt:
84 Länder haben den Vertrag bis heute unterzeichnet, 15 davon ratifiziert. Am 1. Juli 2018 trat der Multilaterale Vertrag in Kraft. Das MLI ermöglichte es, dass bereits über 1'400 Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) um die BEPS-Empfehlungen ergänzt und zwischen den jeweiligen zwei Ländern abgestimmt werden konnten. Dabei sei vor allem beachtlich, dass in allen bisher abgestimmten Abkommen der Aktionspunkt 6 zur Verhinderung von Abkommensmissbrauch (Mindeststandard) umgesetzt wurde, indem die Präambel entsprechend umformuliert und der sogenannte «principal-purpose-test» (PPT) im Abkommen eingebaut wurde. Zudem nutzen viele Länder die Möglichkeit auch dazu, die vereinbarten Verständigungsverfahren im Sinne des Aktionspunktes 14 zur Streitvermeidung und Streitschlichtung (Mindeststandard) zu verbessern. 28 Länder haben sich bis jetzt für ein Schiedsverfahren entschieden. Dabei sind im MLI zwei Arten von Schiedsverfahren vorgesehen:

  1. Final offer bzw. «baseball» arbitration, bei welcher die Länder je ihre Lösung der Streitigkeit dem Schiedsrichter unterbreiten und dieser eine davon auswählt.
  2. Independent opinion option, bei welcher der Schiedsrichter den Sachverhalt und die anwendbaren Normen untersucht und selbst einen Schiedsentscheid fällt.

Man gehe davon aus, dass die Popularität solcher Schiedsverfahren mit zunehmender Erfahrung der Länder steigen wird und dass dann immer mehr Länder ein Schiedsverfahren als Streitschlichtungsinstrument in ihren DBA einführen werden. Zudem sei man im Moment daran den ersten jährlichen Peer-Review-Bericht zu Aktionspunkt 6 fertigzustellen. Ziel sei es, dies bis im Dezember 2018 zu schaffen. Pascal Saint-Amans betonte daraufhin, dass die Länder sehr darum bemüht seien, die Verhinderung von Abkommensmissbrauch nach Aktionspunkt 6 umzusetzen und dass man heute sagen könne, dass das Phänomen «Treaty Shopping» zu einem Ende gekommen ist.

Der Austausch länderbezogener Berichte (Aktionspunkt 13)

Achim Pross informierte über den Austausch länderbezogener Berichte (auf Englisch: Country-by-country-reporting, kurz CbCR) nach Aktionspunkt 13. Über 70 Länder haben bis jetzt die Pflicht zum Austausch von länderbezogenen Berichten eingeführt und über 1'800 Austauschbeziehungen wurden bereits aktiviert. Beim ersten Austausch Ende Juni 2018 gab es zwar einige technische Probleme, doch konnten diese schliesslich gelöst werden. Was passiert nun aber mit den ausgetauschten Informationen? Achim erinnerte daran, dass die länderbezogenen Berichte zur Risikobewertung gedacht sind. Darum sei der nächste Schritt zusammen mit den Steuerbehörden und Unternehmen zu sehen, wie diese Informationen am besten für die Risikobewertung genutzt und ausgewertet werden können. In einem «Risk Assessment Handbook» sollen die Erfahrungen der Steuerbehörden zusammengetragen werden und ein «CbCR risk assessment template» soll Entwicklungsländern helfen, dass auch sie bestmöglich von den Informationen aus den länderbezogenen Berichten profitieren können. Im Jahre 2020 soll ein grosser Review-Bericht über das CbCR veröffentlicht werden. Unterdessen wurde im Mai 2018 eine erste Sammlung von Peer-Review-Berichten veröffentlicht.

Mutual Agreement Procedure (MAP)

Félicie Bonnet kam nochmal zurück auf Aktionspunkt 14 bezüglich Streitvermeidung und Streitschlichtung und informierte über das sogenannte Mutual Agreement Procedure (Verständigungsverfahren). Sie gab folgende Übersicht über den Stand der Dinge bei den Peer-Review-Berichten:

Félicie appellierte an die Zahler der Steuern, dass sie unbedingt ihre Erfahrungen mit den Ländern unter Prüfung teilen sollen, denn oft würden ihrem Team Inputs von Steuerzahlern fehlen. Für die siebte Ländergruppe könne man noch bis Mitte Dezember 2018 Inputs einreichen. Ferner sei die zweite Etappe, bei der man den Empfehlungen der ersten Etappe weiter nachgeht, für die erste und zweite Ländergruppe bereits begonnen worden.

Letzte Woche wurden zudem die «2017 MAP statistics» veröffentlicht. Dieses Jahr wurden zum ersten mal für jedes Land einzeln die zusammengetragenen Informationen publiziert, so dass man bei jedem Land sehen kann, mit welchen anderen Staaten sie die meisten Verständigungsverfahren offen und abgeschlossen haben. Dies fördert die Transparenz und hilft ihrem Team ferner Doppelzählungen von offenen und abgeschlossenen Fällen zu minimieren. Die gute Nachricht, welche aus den «2017 MAP statistics» gezogen werden kann, ist, dass 60% der im Jahr 2017 abgeschlossenen Fälle in weniger als 24 Monaten abgeschlossen wurden.

Fazit

Jeffrey van Hove informierte noch kurz über den neuen Diskussionsentwurf zu den Aktionspunkten 8-10 (Transfer Pricing), welcher im Juli 2018 veröffentlicht wurde, und Achim Pross über eine Analyse bezüglich der Umgehung des Common Reporting Standard (CRS). Dann ergriff Pascal Saint-Amans das abschliessende Wort und wies auf zwei Webcasts hin, welche sie kürzlich gemacht haben: Der eine über die Trends bei den steuerpolitischen Reformen im Jahr 2018 («Tax policy reforms 2018») und der anderen über Steuerprüfer («Tax inspectors without borders»), welche Entwicklungsländer in Steuersachen unterstützen. Nachdem es nicht viele Rückfragen aus dem Publikum gab, verabschiedete sich das Team um Pascal Saint-Amans. Das nächste Webinar sei im Januar 2019 geplant.

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Autoren
:
Viktor Bucher
Tags:
Int. Steuerrecht