30.3.2021

Mitarbeiterbeteiligungen – eine Herausforderung

Die Abgabe von Aktien an Mitarbeitende (als Lohnbestandteil) ist bei Unternehmen weit verbreitet und oftmals ein wichtiger Teil der Lohngestaltung. Durch die Ausgabe von Mitarbeiterbeteiligungsplänen möchte das Unternehmen die Leistungsbereitschaft der Mitarbeitenden fördern und die Verbundenheit der Mitarbeitenden zum Unternehmen stärken. Mitarbeiterbeteiligungen kommen jedoch mit einigen Herausforderungen.

Aus betrieblicher Sicht helfen die Mitarbeiterbeteiligungspläne zusätzlich die Liquidität des Unternehmens zu schonen, da anstelle von Barlohn Mitarbeiterbeteiligungspapiere herausgegeben werden. Aufgrund dieses Liquiditätseffektes sind die Mitarbeiterbeteiligungspläne insbesondere auch bei Start-Up-Unternehmen sehr beliebt.

Auch wenn viele Gründe für die Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmen sprechen, ist zu bedenken, dass insb. bei der Abgabe von Vorzugsaktien, d.h. Aktien welche zu bevorzugten Konditionen an Mitarbeitende abgegeben werden, bei den Mitarbeitern Steuer- und Sozialversicherungsfolgen resultieren. Die Differenz zwischen dem vereinbarten Vorzugspreis und dem tatsächlichen Wert der Aktie qualifiziert beim Mitarbeiter als steuerbares Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit.

Für die steuerliche Regelung verschiedener Ausgestaltungen von Mitarbeiterbeteiligungen hat die ESTV das Kreisschreiben Nr. 37 erlassen. Dieses wurde im Jahre 2020 überarbeitet und per 30. Oktober 2020 revidiert veröffentlicht. Die vorgenommenen Anpassungen sind per 1. Januar 2021 in Kraft getreten und betreffen unter anderem auch die Besteuerung des sog. «Übergewinns» bei der Veräusserung nicht-börsenkotierter Mitarbeiteraktien. Die Revision wurde insb. durch diverse parlamentarische Initiativen zur Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Start-ups angestossen.

Direkte Bundessteuer

Definition von Mitarbeiterbeteiligungen

Zuerst stellt sich die Frage, welche Aktien eines Mitarbeiters überhaupt als Mitarbeiteraktien qualifizieren. Gemäss revidiertem Kreisschreiben Nr. 37 gelten Aktien, die zum Zeitpunkt der Gründung einer Gesellschaft erworben werden, sowie solche, die ein Mitarbeiter zu Konditionen erwirbt, wie diese einer unabhängigen Drittperson gewährt werden, neu explizit nicht als Mitarbeiterbeteiligungen.

Arten von Mitarbeiterbeteiligungen

Im Kreisschreiben Nr. 37 unterteilt die ESTV Mitarbeiterbeteiligungen zunächst in freie und gesperrte Mitarbeiteraktien:

Freie Mitarbeiteraktien

Bei den freien Mitarbeiteraktien handelt es sich um Aktien, über die ein Mitarbeiter ohne Einschränkungen verfügen kann. Bei freien Mitarbeiteraktien wird bei Abgabe, d.h. im Zeitpunkt des Rechtserwerbs die Differenz zwischen dem Verkehrswert bzw. dem Formelwert der Mitarbeiteraktien und dem vereinbarten Vorzugspreis als Erwerbseinkommen besteuert.

Gesperrte Mitarbeiteraktien

Gesperrte Mitarbeiteraktien sind in der Regel mit einer befristeten Verfügungssperre (Sperrfrist) ausgestaltet. Während dieser Sperrfrist darf der Mitarbeitende die Aktie weder veräussern, verpfänden noch anderweitig belasten. Rechtsgrund für die Sperrfrist ist in der Regel das Beteiligungsreglement, bzw. der Kaufvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Mitarbeitenden. Gesperrte Mitarbeiteraktien werden ebenfalls bei Abgabe, d.h. im Zeitpunkt des Rechtserwerbs besteuert. Der Sperrfrist wird insofern Rechnung getragen, als dass pro Sperrjahr ein Diskont von 6% auf dem Verkehrswert bzw. dem Formelwert berücksichtigt wird. Die Differenz zwischen dem diskontierten Wert und dem vereinbarten Vorzugspreis wird sodann zum Zeitpunkt des Erwerbs als Einkommen besteuert.

Hinsichtlich des Verkehrswertes unterscheidet die ESTV insbesondere zwischen börsenkotierten und nicht-börsenkotierte Mitarbeiteraktien:

Bewertung von Mitarbeiterbeteiligungen

Börsenkotierte Mitarbeiteraktien

Als Verkehrswert bei börsenkotierten Mitarbeiteraktien gilt grundsätzlich der Börsenschlusskurs am Tage des Rechtserwerbs. Der Rechtserwerb erfolgt zum Zeitpunkt, in welchem der Mitarbeitende das Angebot des Arbeitgebers zum Bezug der Aktien annimmt.

Nicht-börsenkotierte Mitarbeiteraktien

Formelwert

Nicht-börsenkotierten Mitarbeiteraktien fehlt in der Regel ein Verkehrswert. Als massgeblicher Wert gilt daher der ermittelte Formelwert nach einer für den Arbeitgeber tauglichen und anerkannten Methode. Für die Bewertung von Mitarbeiteraktien nach dem Formelwert verweist das Kreisschreiben Nr. 37 neu insbesondere auf die Bewertungsmethodik gemäss Kreisschreiben Nr. 28 der Schweizerischen Steuerkonferenz von 28. August 2008 (Wegleitung zur Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögenssteuer) als taugliche und anerkannte Methode.

Aus steuerlicher Sicht entsteht kein steuerbares Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit, wenn für die Bestimmung des Erwerbspreises einer Aktie im Rahmen eines Verkaufs an einen Mitarbeitenden ein anerkannter Formelwert angewendet wird.

Ausnahme: Verkehrswert

Ist für nicht börsenkotierte Mitarbeiteraktien ausnahmsweise ein Verkehrswert verfügbar, so ist dieser anwendbar. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn Anteile an einen Neuinvestor verkauft werden.

Weiterverkauf von Mitarbeiterbeteiligungen

Gemäss Art. 16 Abs. 3 DBG resultiert aus der Veräusserung von im Privatvermögen gehaltenen Aktien grundsätzlich ein steuerfreier privater Kapitalgewinn (oder ein ebenfalls steuerlich nicht beachtlicher Kapitalverlust).

Wird eine Mitarbeiteraktie im Erwerbszeitpunkt hingegen zu einem Formelwert bewertet, muss eine wichtige Einschränkung beachtet werden. Gemäss Kreisschreiben Nr. 37 ist ein steuerfreier Kapitalgewinn nur in der Differenz zwischen dem Verkehrswert zum Zeitpunkt der Abgabe und dem Verkehrswert zum Zeitpunkt der Veräusserung bzw. der Differenz zwischen dem Formelwert zum Zeitpunkt der Abgabe und dem nach der gleichen Bewertungsmethode ermittelten Formelwert zum Zeitpunkt der Veräusserung möglich.

Der Mehrwert, der auf einen Wechsel vom Formel- zum Verkehrswertprinzip zurückzuführen ist, ist hingegen als Einkommen im Zeitpunkt der Veräusserung zu besteuern. Dieser wird regelmässig als sog. «Übergewinn» bezeichnet.

Gemäss dem revidierten Kreisschreiben Nr. 37 ist neu bei Veräusserung von im Privatvermögen gehaltenen Mitarbeiteraktien durch den Mitarbeitenden der gesamte Kapitalgewinn jedoch steuerfrei, wenn das den Wechsel vom Formel- zum Verkehrswertprinzip auslösende Ereignis erst nach Ablauf einer 5-jährigen Haltedauer eintritt.

Diese Regelung, welche bereits generell vom Kanton Zürich angewandt wurde, ist per 31. Oktober 2020 neu in das Kreisschreiben Nr. 37 aufgenommen worden und vereinheitlicht in dieser Hinsicht die unterschiedlichen Praxen der Kantone.

Staats- und Gemeindesteuern

Die ESTV hat hinsichtlich der Staats- und Gemeindesteuern keine Aufsichtsfunktion und somit kann auch das Kreisschreibens Nr. 37 nicht direkt angewendet werden. Die Bestimmungen im Steuerharmonisierungsgesetz sind jedoch hinsichtlich der Behandlung von Mitarbeiterbeteiligungen mit dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer identisch. Entsprechend sollte die Besteuerungspraxis gemäss Kreisschreiben Nr. 37 nach herrschender Lehre im Sinne einer vertikalen Steuerharmonisierung für die Kantone grundsätzlich auch mit Bezug auf die Staats- und Gemeindesteuern verbindlich sein.

Fazit

Bisher gab es in Bezug auf die Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen erhebliche Unterschiede in der Praxis der Kantone. Diese wurden nun durch das Kreisschreiben Nr. 37 erfreulicherweise zumindest teilweise beseitigt. Positiv hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang vor allem die Neuregelung zur Besteuerung von sog. «Übergewinnen».

Das revidierte Kreisschreiben Nr. 37 bringt dennoch insb. hinsichtlich der anzuwendenden Bewertungsmethodik wenig Neuerungen. Insofern haben die Kantone immer noch einen erheblichen Ermessensspielraum bei der Bewertung von Start-Ups. Insofern bleibt es bei den kantonalen Steuerbehörden, ob sich das revidierte Kreisschreiben Nr. 37 tatsächlich als eine attraktive und international wettbewerbsfähige Lösung für die steuerliche Behandlung von Mitarbeiterbeteiligungen von Start-Ups entpuppt.

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Autoren
:
Livio Bucher
Tags:
Einkommenssteuern
Steuerplanung
Start-Ups